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Städtische Museen Zittau Zittauer Epitaphienschatz [23395]
Gemäldeepitaph Georg Schnitter (Städtische Museen Zittau RR-R)
Herkunft/Rechte: Städtische Museen Zittau / Jürgen Matschie (RR-R)
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Gemäldeepitaph Georg Schnitter

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Beschreibung

Darstellung/Ikonographie: Hierbei handelt es sich um ein sehr prächtiges Epitaph in Ädikulaform. Die um 1650 übliche Gliederung wird durch üppige Dekorationen im Ohrmuschelstil bereichert, was auf die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts verweist. Wie kleinteilig die Dekoration angelegt ist, zeigen die erhaltenen Seitenwangen und der obere Aufsatz. Wie beim Epitaph Klement / Franck (1624) wird das Gebälk von gedrehten Säulen getragen, um die sich Weinlaub windet. Das großformatige Mittelbild zeigt die Auferstehung Christi. In der Sockelzone befindet sich, flankiert von den Konsolen der Säulen, ein weiteres Gemälde. Es zeigt in einem perspektivisch gestalteten Raum, dessen Fliesenfußboden auf einen Rundbogen mit Durchblick in eine weite Landschaft fluchtet, die Familie Schnitter. Links sind fünf Männer und Knaben abgebildet, darunter Georg Schnitter, rechts drei Frauen und Mädchen und zwei kleine Kinder. Die Memorialinschrift, die sich im unteren Abschluss befindet, erinnert an den 1624 verstorbenen Bürgermeister Georg Schnitter. Außerdem kennzeichnet eine Stifterinschrift, dass das Epitaph 1662 aufgerichtet wurde. Georg Schnitter d. J. stiftete es seinen Eltern. An sie erinnern auch die Wappen in den beiden Seitenwangen: Links das Wappen der Familie Schnitter, rechts das Wappen der Familie Andreas. Die Botschaft der Auferstehung, die das Hauptbild verkündet, wird durch die Inschriften unterstrichen, die sich im Architrav und im Giebelaufsatz befinden. Im Architrav steht: „Ich lebe und ihr sollt auch leben“, ein Zitat aus dem Johannesevangelium (Joh 14,19). Im Giebelfeld steht der lateinische Spruch „Surgite vos mortui, venite ad judicium.“ (Erhebt Euch, ihr Toten, und kommt zum Gericht), ein Zitat, das dem Kirchenvater Hieronymus zugeschrieben wird. Es soll jener Ruf sein, mit dem die Engel die Toten aus den Gräbern hervorrufen, wenn das Jüngste Gericht beginnt. Der Giebelaufsatz war mit einer Figur des Erlösers bekrönt. An den Seiten befanden sich Engelkinder.
Zur Person/Familie: Georg Schnitter entstammte der prominenten Görlitzer Familie Schnitter. Er wurde 1552 in Görlitz geboren. Sein Vater war Onophrius Schnitter, Görlitzer Ratsherr und mehrfacher Bürgermeister, wie sich aus der Leichenpredigt ergibt (erhalten in der Christian-Weise-Bibliothek). Franz Schnitter hatte das Görlitzer Bürgermeisteramt erklommen und war nobilitiert worden. Die Erneuerung des Adelsprivilegs 1562 umfasste auch den Bruder Onophrius und dessen Nachkommen. Der ursprüngliche Familienname Schneider wandelte sich daraufhin allmählich zu Schnitter. Die Familie erhielt ein redendes Wappen, das einen Unterarm und eine sichelführende Hand zeigt. Die Mutter Georgs war Anna Rosenhain aus dem bedeutenden Bautzener Geschlecht. Ihr Vater war der Bautzener Ratsherr und Bürgermeister Antonius. Die Familie Rosenhain lässt sich bis in das 15. Jahrhundert zurückverfolgen. Sie hatte ein verwandtschaftliches Netzwerk auch in die kleinste der Sechsstädte, nach Kamenz, aufgebaut (siehe dazu den Beitrag von Lars-Arne Dannenberg „Zwischen Ratsstuhl und Kirchenbank“). Kamenz stand innerhalb des Städtebundes in Abhängigkeit von Bautzen und ließ sich oft auf den Konventssitzungen vertreten. Ihren Lebensabend verbrachte Anna Schnitter, geb. Rosenhain, bei ihrem Sohn Georg in Zittau. Als sie 1586 starb, kam es zu einem Erbstreit, der schlaglichtartig das verwandtschaftliche Netzwerk aufzeigt. Die Erbengemeinschaft bat den Bautzener Rat um Unterstützung und Einstellung der jährlichen Rentenzahlung aus dem Vermögen. Unter den Unterzeichnern finden sich illustre Namen wie Krolaufft aus Zittau und Glich oder Glück, einem Görlitzer Ratsherrengeschlecht. Georg Schnitter hatte die Handlung gelernt – gemeint ist wohl die Ausbildung zum Kaufmann. Dazu wurden die Söhne zu befreundeten Kaufleuten in die Ferne geschickt, nicht selten in das Königreich Polen-Litauen oder nach Preußen, wo die künftigen Handelsherren neben Rechenkünsten, Geografie- und Rechtskenntnissen auch Fremdsprachen erlernen konnten. Da Schnitter in Preußen seine Lehre absolviert haben soll, könnte er Polnisch-, vielleicht auch Litauisch-Kenntnisse besessen haben. Georg Schnitter kam um 1585 nach Zittau, vielleicht durch Vermittlung seiner älteren Schwester Elisabeth, die 1571 mit 24 Jahren den damals bereits 55-jährigen Zittauer Bürgermeister Nikolaus von Dornspach geheiratet hatte. Er wurde neben seinem Bruder Matthäus zum Begründer der Zittauer Schnitter-Linien. Schnitter war in erster Ehe mit Susanna von Kohlo aus dem angesehenen Zittauer Kaufmannsgeschlecht von Kohlo verheiratet (Kat. Zittau 2002, S. 321). Die Familie von Kohlo war vermutlich nicht adelig, sondern es handelt sich eher um einen Herkunftsnamen. Möglicherweise ist die Familie von Kohlo aus dem großpolnischen Kohlo an der Warthe (dem heutigen Kolo, Polen) eingewandert. Als diese starb, heiratete er 1587 Barbara Andreas oder Anders, ebenfalls aus einem Zittauer Geschlecht. Dieser Ehe entstammten drei Söhne. 1607 wurde Schnitter Mitglied des städtischen Rats, ehe er nach einigen Jahren, 1618, erst zum Stadtrichter und schließlich 1621 zum Bürgermeister gewählt wurde. Er starb am 7. November 1624 im Alter von 72 Jahren. Georg Schnitter besaß mehrere Grundstücke in der Stadt. Aus der Familie seiner Frau stammte das Haus Kohlgasse 178 (Johannisstraße 8), wo die Familie anfangs auch wohnte. Auch das Grundstück Jüdengasse 527 (Brunnenstraße 9), wo sein Sohn später wohnte, dürfte von ihm erworben worden sein. Außerdem hatte er Grundbesitz in der Spürgasse 185 (Rathausplatz 7) sowie der Webergasse 374 (Bautzner Straße 2). Hinzu kamen noch einige Gartengrundstücke. Beim Brand 1608 wird der Wert mit 2 000 Schock angegeben, was zu den höchsten Summen gehört. Der erlittene Schaden wird mit 300 Schock beziffert. Nach dem Tod seiner Schwester 1616 hatte er das Gut Groß-Poritsch geerbt, auf das sich seine Schwester nach dem Tod ihres Mannes Nikolaus von Dornspach 1580 zurückgezogen hatte. Deren Ehe war kinderlos geblieben. Das Gut übergab Georg Schnitter umgehend seinem jüngeren Bruder Benjamin, wodurch die jüngere Linie Schnitter begründet wurde, der Rudolf Schnitter entstammte. Von Georg Schnitter ist ein Gemälde überliefert, das einen lebensnahen Eindruck vermittelt. Das Gemälde gelangte 1733 in die Zittauer Ratsbibliothek. Es ist von beachtlicher künstlerischer Qualität, so dass wir uns ein Bild von seinem Aussehen machen können. Das Gemälde ist auf das Jahr 1607 datiert, als Schnitter erstmals in den Rat gewählt worden war. Georg Schnitter war zu diesem Zeitpunkt 55 Jahre. Es zeigt einen selbstbewusst dreinblickenden Mann im damals modischen schwarzen Wams mit spanischer Halskrause (Golilla). Die rechte Hand ist in die Hüfte gestützt, in der linken hält er Handschuhe, was ihm den Habitus eines Edelmanns verleiht. In der linken oberen Ecke ist das viergeteilte Wappen zu sehen: im ersten und dritten Feld auf rotem Grund die Hand mit einer Sichel als redendes Wappen des nunmehrigen Familiennamens Schnitter, im zweiten Feld auf goldenem Grund ein halbierter schwarzer Adler, der Nobilitierung und Wappenverleihung durch das Reich anzeigt, und im vierten Feld drei schwarze Balken auf goldenem Grund. Das Wappen ist auch auf dem Rollwerk des Epitaphs angebracht, das sein gleichnamiger Sohn knapp 40 Jahre nach seinem Tod, 1662, der Nachwelt zum Gedächtnis stiftete, wie die Stiftertafel mitteilt. Das Epitaph hing einst am sog. Schnittergitter an der Nordwand in der Kreuzkirche. Die Familie Schnitter pflegte enge Beziehungen zur Kreuzkirche, sie beteiligte sich am Wiederaufbau nach dem Dreißigjährigen Krieg, wie das auf die Wand gemalte Wappen im Chorabschluss zeigt (heute hinter der Fastentuchvitrine verborgen). Gegenüber dem Schnitterwappen links auf dem Epitaph ist rechts das Wappen der Familie Andreas / Anders angebracht, der die Frau Georgs (I.) bzw. Mutter Georgs (II.) entstammte. Die Darstellung der Familie im unteren Teil bezieht sich offenbar auf den Stifter des Epitaphs, Georg (II.), der demnach vier Söhne und vier Töchter hatte, von denen eine bereits 1662 verstorben war. Über Georg Schnitter ist eine Leichenpredigt überliefert, die über sein Leben Auskunft gibt. Seine Kinder heirateten in die alteingesessenen Familien Krolaufft und Nesen ein. In den Zeiten der Reformation war Michael Krolaufft Bürgermeister, ebenfalls Conrad Nesen. Von beiden befanden sich einst Epitaphe in der Johanniskirche, die der Zerstörung der Kirche 1757 zum Opfer gefallen sind.
Kommentar: Das groß dimensionierte Epitaph gibt sich durch seine Ormamentik im Knorpel- bzw. Ohrmuschelstil als aus der Werkstatt des George Bahns stammend zu erkennen, wie die zahlreichen und in den Details eng verwandten Werke belegen (siehe besonders das Epitaph für Barthel Rittner und Familie). Vorbild für die Komposition der Auferstehung war ein Gemälde Tintorettos in der Scuola di San Rocco in Venedig, vermittelt durch einen Kupferstich des Aegidius Sadeler. Das Bild malte allerdings wohl nicht der öfter zusammen mit Bahns arbeitende Friedrich Kremsier, sondern ein anderer, sonst in Zittau offenbar nicht durch weitere Werke belegter Maler, der ein eher lichtes, luftiges Kolorit bevorzugte. Gewisse Ähnlichkeiten bestehen allerdings zum Gemälde des Hieronymus aus der Spittelkirche, gemalt von Gottfried Staroß. Bemerkenswert ist die späte Datierung des Epitaphs 38 Jahre nach dem Tode Schnitters. Möglicherweise wurde die Ausführung zu einem früheren Zeitpunkt durch den Dreißigjährigen Krieg verzögert oder ein älteres Epitaph zerstört. In den Jahren um seine Entstehung wurde die Kreuzkirche wiedererrichtet und reich ausgestattet, dabei wurden viele Stücke wie Empore, Altarretabel und Kanzel von der Bahnswerkstatt geschaffen. Zusammen mit dem Schnitterepitaph ergeben sie ein Ensemble von eindrucksvoller künstlerischer Geschlossenheit.

Material/Technik

Holz mit farbiger Fassung / Blattmetallziertechniken: Vergoldung Ziertechniken Malerei: schwarze monochrome Fläche

Maße

Länge
308 cm
Breite
203 cm
Höhe
31,5 cm

Literatur

  • Knüvener, Peter (Hrsg.) (2018): Epitaphien, Netzwerke, Reformation : Zittau und die Oberlausitz im konfessionellen Zeitalter. Görlitz, Seite ff [!]
Städtische Museen Zittau

Objekt aus: Städtische Museen Zittau

Mit einem Geschenk aus Wien - einer zylindrischen Säulchensonnenuhr - beginnt am 13. Juni 1564 die Zittauer Sammlungsgeschichte. Wissenschaftliche...

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