Darstellung/Ikonographie: Das Epitaph besitzt einen klassischen antikisierenden Aufbau mit einzelnen manieristischen Elementen. Es ist damit ein typisches Epitaph aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts (siehe das im Aufbau sehr ähnliche Epitaph für Christina Nebenmich, 1563, Inv.-Nr: 7564). Das Bildfeld wird von ionischen Pilastern eingefasst, die sich über ornamentierten Postamenten erheben. Dazwischen befand sich die nicht erhaltene Memorialinschrift für den 1585 verstorbenen Schneider Christoph Mühle. Die zweigeteilte Inschrift im Architrav teilt mit, dass Caspar Weise dieses Epitaph seinem Verwandten Christoph Mühle setzen ließ. Auf den Stifter nimmt auch das Giebelfeld Bezug. Dort ist das Wappen Mühles abgebildet, welches auf rotem Grund einen Zweig mit drei Lindenblättern sowie das Monogramm CW zeigt. Auf zwei Schriftbändern ist die Jahreszahl 1588 zu lesen. Den Dreiecksgiebel bekrönen zwei gedrechselte Säulchen. Wie beim Epitaph für Familie Nebenmich (1563) laufen die Seitenwangen in Vogelköpfen – wohl eines Falken – aus. Das Bildfeld zeigt den Gnadenstuhl, ein Bildmotiv, welches die Dreifaltigkeit Gottes (Trinität) sichtbar machen soll. Vor dem toten Christus knien Christoph Mühle, ein erwachsener Sohn, die Ehefrau und drei jung verstorbene Töchter.
Zur Person: Christoph Mühle war ein am 30.9.1585 verstorbener Schneider, wohnhaft gemäß Memorialinschrift auf der Spürgasse (Frauenstraße). Offensichtlich hatte er keinen eigenen Grundbesitz, zumindest gibt es keinen Eintrag im Häuserbuch. Caspar Weise (gest. 1606) wohnte ebenfalls dort. Mühle könnte vielleicht der Schwager Weises gewesen sein. Sonst wissen wir nichts über den Grad der Verwandtschaft. Caspar Weise oder schon sein gleichnamiger Sohn besaß 1613 den Bierhof auf der Spürgasse (Frauenstraße 7), da der ältere Caspar Weise bereits 1606 gestorben sein soll.
Kommentar: Es handelt sich um das Epitaph für einen relativ einfachen Handwerker, der künstlerische Anspruch ist begrenzt. Die große Ähnlichkeit im Aufbau und in der Fasstechnik legen es nahe, dass das Epitaph Nebenmich aus derselben Werkstatt stammt. Die Malerei der Gnadenstuhlszene ähneln überdies in der Auffassung – Flachheit, mangelnde Plastizität, unorganischer Gewandfaltenwurf – der der Epitaphien Barsch (Inv.-Nr: 7575) und Schemisch (Inv.-Nr: 7580). Vermutlich wurden alle diese Epitaphien vom selben Maler geschaffen.
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