Im 17. Jahrhundert entwickelte sich unter dem Einfluss von chinesischen Künstlern und Priestern eine neue japanische Malschule. Den Maltechniken und Stilrichtungen der chinesischen Literatenmaler, der „südlichen Schule“ von der Song- bis zur Qing-Dynastie (11. bis 19. Jahrhundert) folgend, wird diese Schule nanga (südliche Malerei) oder bunjinga (Literatenmalerei) genannt. Während die Literaten Chinas einer Elite von Bürokraten angehörten, die sich an starre Vorgaben und Einschränkungen halten mussten, genossen die Nanga-Künstler die Freiheit, gewisse Regeln zugunsten einer individuellen Diktion außer Acht lassen zu dürfen. Für die japanischen Literatenmaler, die den unterschiedlichsten sozialen Schichten entstammten, waren chinesische Manuskripte und Druckwerke wie das „Malkompendium aus dem Senfkorngarten“, das die Pinseltechniken der chinesischen Malerei detailliert veranschaulicht, von außerordentlicher Relevanz. Aus ihnen bezogen sie ebenfalls ihre Inspirationen bezüglich Bildkomposition und Ausdruck. Bei ihrer Themenwahl hielten sie sich häufig an Motive, die auch die chinesischen Literaten bevorzugten, wie idealisierte Landschaften (wofür die hier abgebildete Hängerolle steht), die „vier Edlen“ (Pflaume, Chrysantheme, Orchidee und Bambus), Felsen und verehrte klassische Gestalten Chinas. Etwa zur gleichen Zeit entwickelte sich der Farbholzschnitt (ukiyo-e) als Spiegel der Volkskultur, der mit seinen farbigen Darstellungen von Alltagsszenen, Vergnügungsvierteln, berühmten Kurtisanen und Kabuki-Schauspielern einen völlig entgegengesetzten Stil zur Nanga-Malerei bildete. (Text: Christine Klenke)
Schenkung aus der Sammlung M. und G. Czichon, 2009.
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