Darstellung/Ikonographie: Das 1627 geschaffene Epitaph ähnelt in seiner Architekturgliederung zahlreichen anderen, die im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts in Zittau entstanden sind. So ist das Mittelbild von einer Architekturrahmung umgeben, zu der Säulen, eine Sockelzone und der Architrav gehören. Zu diesen antikisierenden Elementen tritt eine reiche Dekoration. So ist der Giebelaufsatz von durchbrochenen Schmuckformen umgeben, die Wangen sind mit Beschlagwerk gestaltet. Das Epitaph wirkt durch die weniger zierlichen Details im Vergleich zu ähnlich großen Epitaphien (z. B. Klement / Franck) monumentaler, es ist von sehr ausgewogener Proportionierung. Das Mittelbild zeigt die Beschneidung Jesu, während im Giebelaufsatz dessen Taufe im Jordan zu sehen ist. Beide Szenen sind mit biblischen Kommentaren versehen (Mt 3,17; Apg 10,43). Dabei ist nicht schlüssig zu erklären, was die Vergebung der Sünden, die der Vers der Apostelgeschichte verspricht, mit dem Geschehen im Hauptbild zu tun hat. Zu vermuten ist, dass beide Bilder die Menschwerdung Gottes verdeutlichen sollen. Im unteren Aufsatz befinden sich drei Inschriften. Das untere, runde Schriftfeld enthält die Nachricht, dass das Epitaph am 16. Oktober 1627 durch den Fleischer Hans Lontzer aufgerichtet worden ist. Die beiden Memorialinschriften darüber sind zu unterschiedlichen Zeiten entstanden. Die rechte Inschrift, die bei Errichtung des Epitaphs geschaffen wurde, nennt vier Kinder, die zwischen 1609 und 1626 verstorben sind. Die linke Inschrift kann frühestens 1658 nachgetragen worden sein. Sie bezieht sich auf die Eheleute Johann Lontzer (1579– 1633) und Anna Lontzer (1582– 1658) sowie auf zwei verstorbene Söhne. Das Familienbild in der Sockelzone zeigt links Johann Lontzer und seine vier Söhne, von denen einer, Johann Lontzer, als Kleinkind gestorben war. Rechts sieht man Anna Lontzer, eine verheiratete Tochter sowie drei weitere Mädchen. Die Auswahl der Beschneidung als Thema des Hauptbildes ist für Epitaphien sehr ungewöhnlich und selten. Sie mag hier als Hinweis auf das Handwerk Lontzers zu verstehen sein, der Fleischer war. Bei der Beschneidung wurde das erste Mal das Blut Jesu vergossen.
Zur Person/Familie: 1622 ist Hans Lontzer ist als Mitglied des Rats erwähnt, gehörte also zu den führenden Persönlichkeiten der Zittauer Handwerkerschaft (Stadtchronik, S. 293).
Kommentar: Das Epitaph fällt durch seine qualitätvolle Ausführung sowohl in der Schnitzerei wie in der Malerei auf. Formal ähnelt die Schnitzerei in ihren Zierelementen – besonders im Aufbau – dem Retabel von 1619 in der Zittauer Frauenkirche, vielleicht stammen beide Werke aus derselben Werkstatt. Auch das Epitaph Weise – wenngleich deutlich aufwändiger – erinnert in verschiedenen Details an das Epitaph Lontzer. Hier wie dort ist das Bild in der Bekrönung hochrechteckig mit halbrundem Abschluss. Beim Retabel der Frauenkirche befindet sich an dieser Stelle ein Relief, aber die Form ist analog gebildet. Die Malerei zeichnet sich durch die feine Modellierung aus, die eine sehr plastische Wirkung erzeugt. Sie wirkt sehr malerisch, wenig zeichnerisch (siehe im Vergleich dazu das Epitaph Klement / Franck). Der Maler ist sonst an keinem Epitaph nachweisbar, ähnlich – besonders hinsichtlich einiger Physiognomien – sind aber die Malereien der vier Evangelisten des Altarretabels der Frauenkirche. Sowohl für die Beschneidung wie für die Taufe Jesu wurden Kupferstiche von Aegidius Sadeler bzw. Johann Sadeler als Vorlagen gewählt, die bis ins Detail umgesetzt wurden.
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