Das Porträt und damit die intensive Auseinandersetzung mit einer Persönlichkeit interessiert Max Pechstein seit jeher. Früh entstehen Darstellungen von Familienmitgliedern, von Freunden und Förderern oder auch Selbstporträts. Mica Plietzsch (1890-1978) war eng mit Max Pechstein befreundet und wurde sogar die Patentante von dessen 1926 geborenen Sohn Max Konrad. Ihr Ehemann, der Kunsthistoriker Eduard Plietzsch (1886-1961), und Max Pechstein lernten sich 1909 während einer Ausstellung der Künstlergruppe "Brücke" kennen. Plietzsch vermittelte in den Folgejahren Pechstein viele Kontakte zu Sammlern wie Museumsleuten und handelte schließlich selbst mit Kunst, darunter natürlich auch Werke des Freundes aus Zwickau. Die große Ausdruckskraft und suggerierte Nähe des Porträts beruht nicht nur auf dem frontal ausgerichteten Bildnis und dem spannungsreich gesetzten Dreiklang aus Rot-, Blau- und Grüntönen, sondern auf einer subtilen Charakterisierung der Person, die auf dem engen Verhältnis von Maler und Modell basiert. Details wie das zerknautschte Taschentuch in ihren Händen am unteren Bildrand oder der ernste, etwas unsichere Blick zur Seite gewähren Aufschluss über die Dargestellte und die Stimmung gleichermaßen.
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