In der iranischen Mythologie ist die Simurgh ein riesiger Wundervogel, eine positive kosmische Kraft mit Verantwortung für das Wohlergehen des Landes. Im „Königsbuch“ steht sie in enger Beziehung zur Familie Rustams und rettet diese mehrfach aus höchster Bedrängnis. Die Vorstellung vom Aussehen dieses phantastischen Wesens wechselte, doch seit dem 14. Jahrhundert nahm die Simurgh die Gestalt des chinesischen Phönix an. Sie wurde nun immer mit einem kräftigen Raubvogelschnabel, langem Hals und extrem langen Schwanzfedern dargestellt, die in allen Farben schillern. Unter der Dynastie der mongolischen Ilchane (1258–1336) zu einem der beliebtesten Dekormotive geworden, schmückte die phönixgestaltige Simurgh, oft zusammen mit dem Drachen, in den nachfolgenden Jahrhunderten Objekte aus den unterschiedlichsten Materialien. Die Kombination der drei eleganten Vögel zu einem Kreis fängt die kraftvolle Bewegung auf und gefriert sie zum Ornament. Bei diesem Simurgh-Wirbel handelt es sich wahrscheinlich um einen Dekorentwurf aus dem 15. Jahrhundert, der in andere Medien übertragen werden sollte. Die Montage stammt eventuell erst aus dem 19. Jahrhundert und wurde unter Verwendung älterer Materialien angefertigt. Aus dem 16. Jahrhundert wissen wir, dass dekorative „Tiermalerei“ als Zweig der Malerei anerkannt war und die effektvolle Abbildung von Drache, Simurgh und zwei weiteren Fabelwesen inmitten natürlicher Vegetation als ihre wichtigste künstlerische Herausforderung galt. Doch auch in dekorativem Kontext dürfte die Simurgh noch lange ein Symbol schützender himmlischer Mächte geblieben sein. (Text: Karin Rührdanz)
Ankauf aus der Sammlung Ph. Walter Schulz, Berlin, 1911.