Die Darstellung auf der Kachel, die Friedrich den Weisen (1463–1525) zeigt, geht vermutlich auf ein in das Jahr 1532 datiertes Gemälde von Lucas Cranach d. Ä. zurück. Das Brustbild gibt den sächsischen Kurfürsten als würdigen, bedächtig blickenden Landesherrn wieder. Allerdings ist auf dem Gemälde der Porträtierte nach rechts gewandt. Die entgegengesetzte Ausrichtung Friedrichs auf der Kachel könnte dadurch erklärt werden, dass der Hafner ein wohl bereits mehrfach kopiertes Model einer Blattkachel mit der Büste im Innenfeld kombiniert hat und das Bildnis in der Ausformung somit für den Betrachter spiegelverkehrt erscheint. Dafür spricht auch die Datierung von 1561 im Hintergrund, die ebenfalls spiegelverkehrt wiedergegeben ist. Zu Friedrichs historischem Verdienst gehörte, dass er Martin Luther vor der Kirchengerichtsbarkeit beschützte, indem er ihn nach erfolgter Ächtung auf die Wartburg entführte. Seine Residenzstadt Wittenberg wurde zum Ausgangsort und geistigen Zentrum der Reformation, die in Friedrich einen loyalen, nur im Hintergrund wirkenden Fürsprecher fand. Er hatte zwar die Reformbedürftigkeit der damaligen Kirche erkannt, war aber gleichzeitig von tiefer Frömmigkeit durchdrungen. Erst auf dem Sterbebett empfing er das Abendmahl nach protestantischer Lehre in beiderlei Gestalt.
Ankauf von Gustav Werner, Leipzig, 1908