Sachsen war durch den Glasschnitt und den Glasschliff schon seit Anfang des 18. Jahrhunderts ein Zentrum der Glasveredlung. Häufig sind auf Gläsern Porträts, allegorische, mythologische und religiöse Darstellungen, Soldaten- und Jagdszenen und nicht zuletzt Stadtansichten wiedergegeben. Der Pokal zeigt eine fein geschnittene Darstellung von Stieglitzens Hof in Leipzig. Die Straßenfront des Spätrenaissancebaus mit barockem Portal, schmiedeeisernem Oberlichtgitter und Erker ist monumental in die Kuppafläche gesetzt. Die gegenüberliegende Seite zeigt den Innenhof, auf dem zahlreiche Personen, u. a. Offiziere, Damen, Kinder, Sänftenträger und Hunde zu sehen sind. Fässer und Kisten sind auf dem Gehsteig vor den Läden abgestellt. Zwischen Vorder- und Rückansicht flattern sechs kleine Vögel – wohl Stieglitze, die symbolisch den Namen des Hofes andeuten sollen.
Schenkung der Gesellschaft der Freunde des Kunstgewerbemuseums Leipzig, 1942, aus Anlass des 80. Geburtstages von Richard Graul.