Die Wandscherbe aus Terra sigillata einer Schüssel der Form Dragendorff 37 wurde in einer Töpferei des 2. Jahrhunderts n. Chr. im römischen Gallien hergestellt. Der Reliefdekor wird unten von zwei Rillen und oben durch einen Eierstab begrenzt. Stilisierte Weinreben in der Form von gleich großen, herabhängenden Bögen überschneiden sich jeweils mehrfach. Die so entstehenden Felder zeigen meist ein stehendes Weinblatt. Von den Bögen hängen Weintrauben herab. Das Fragment wurde 1914 beim nordfranzösischen Berry-au-Bac im Departement Aisne von deutschen Soldaten beim Ausheben von Schützengräben gefunden. Die Höhe 108 (Côte 108) markierte bis 1917 die Frontlinie im Stellungskrieg zwischen Frankreich und Deutschland und ist heute eine Gedenkstätte. Die Scherbe gelangte in den Besitz des historisch interessierten sächsischen Militärarztes Dr. Marinus Deeleman(n) (1864–1944), der hier zu Beginn des Krieges in einem Feldlazarett tätig war. Die Jahre vor dem 1. Weltkrieg war Deeleman(n) als Oberstabsarzt in Kamenz stationiert. Nach dem Krieg wohnte er dauerhaft in Dresden, hatte aber noch so enge Beziehungen zu Kamenz, dass er 1932 mehrere Objekte dem 1931 gegründeten stadtgeschichtlichen Museum schenkte.