Der um 1595 gefertigte Kabinettschrank stammt wahrscheinlich aus Tirol, das neben Augsburg ein bedeutendes Zentrum für Kabinettschränke mit reichem Dekor in Intarsientechnik war. Seine gesamte Oberfläche ist mit einer fast unübersehbaren Fülle von Ornamenten – wie Schweifwerk und Grotesken – und unterschiedlichen Tieren wie Affen, Hasen, Eichhörnchen, Steinböcken, Mischwesen und dem Tiroler Adler, überzogen. Zahlreiche Holzarten in verschiedenen Farbtönen, teilweise auch künstlich eingefärbt und gebräunt, unterstützen den Eindruck der nahezu unerschöpflichen Phantasie seines heute unbekannten Herstellers. Die beiden äußeren, geöffneten Flügeltüren geben den Blick frei auf ein zentrales zweitüriges Mittelfach, um das sich mehrere kleinere Schubladen gruppieren. Wenn diese beiden Türen geöffnet werden, kann das Eingerichte als Ganzes herausgezogen werden, wodurch sich 12 seitlich angebrachte Geheimfächer erschließen. Auch im oberen Aufsatz des Kastens verbergen sich weitere Schubfächer.Im 16. und 17. Jahrhundert waren vergleichbare Kabinettschränke auch in Deutschland beliebte Luxusmöbel und wurden vor allem in Nürnberg und Augsburg gefertigt. Sie waren Blickfang in den Kunst- und Wunderkammern des Adels und des erstarkenden Bürgertums, zeugten von der Sammelleidenschaft ihrer Besitzer und dienten der Aufbewahrung besonders kostbarer Objekte. Kabinettschränke verfügen über zahlreiche Schubladen unterschiedlicher Größe und oftmals sogar über Geheimfächer! Verborgene Mechanismen können Schubladen öffnen, welche auf den ersten Blick nicht erkennbar sind. So wurde häufig gespottet: „Wenn man etwas nie wieder finden möchte, so lege man es in einen Kabinettschrank.“ Als „Mikrokosmos“ und früher Vorfahr des heutigen Museums beherbergten sie neben Dokumenten auch kleine Kunstgegenstände, wie zum Beispiel Kleinplastiken und Medaillen, aber auch Naturalien und andere sammlungswürdige Gegenstände.
Ankauf 1880