Das Einzelbild erlaubte eine detailliertere, oft auch individualisierte Darstellung der Figur. In diesem Fall handelt es sich jedoch um ein Idealbild jugendlicher weiblicher Schönheit, die durch den eleganten Schwung der Figur und die reiche Kleidung unterstrichen wird. Deren Kostbarkeit spricht aus jedem der mit feinem Gespür herausgearbeiteten Details: vom juwelenbesetzten Schmuck über den golddurchwirkten, zarten Schleier bis zur Borte der Hosen. Der Blick über die Schulter und die damit verbundene übersteigerte Biegung des Körpers zeigen an, dass die Darstellung auf das Abbild eines Paares zurückgeht. Der kniende Mann, der die Gunst der vorbeischreitenden Frau zu erlangen versucht, fehlt hier und musste vom Betrachter aus dem Gedächtnis ergänzt werden, der so mit der Darstellung der einzelnen Figur all jene Verse assoziierte, die über die Verweigerung der Geliebten klagen. Die rahmenden Zeilen sind aus einer Handschrift ausgeschnitten und haben die Aufgabe, die Einheit von Bild und Schrift wiederherzustellen. (Text: Karin Rührdanz)
Ankauf aus der Sammlung Ph. Walter Schulz, Berlin, 1911.