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HEIMATWELTEN Zwönitz - Technisches Museum Papiermühle Niederzwönitz Pappenfabrikation in der Papiermühle Niederzwönitz

Pappenfabrikation in der Papiermühle Niederzwönitz

Diese Objektgruppe umfasst jene Maschinen, die historisch in den Produktionsablauf zur Pappenherstellung in der Papiermühle Niederzwönitz eingebunden waren.

[ 10 Objekte ]

Kollergang, Mahlwerk zum Lösen von Fasern aus Grundstoffen

Als Kollergang, auch Koller-, Rollen-, oder Vertikalmühle, wird ein Quetsch- bzw. Mahlwerk bezeichnet, das aus mehreren durch eine kurze Achse verbundenen Steinscheiben (Läufer) besteht, die sich in einer engen Kreisbahn über eine steinerne Unterlage (Lieger, Mahlteller oder Bodenstein) drehen. In Ölmühlen und Keltereien kam diese Art von Mahlwerken bereits in der Antike zum Einsatz. Ab ca. 1870 hielt der Kollergang Einzug in die Papierproduktion, wo er genutzt wurde, die Fasern eines Grundstoffes zu lösen. Im Falle der Papiermühle Niederzwönitz handelte es sich um Altpapier. Der Niederzwönitzer Kollergang wurde 1904 in Schlema produziert und bis 1973 genutzt. Der Betrieb erfolgte durch ein oberschlächtiges Wasserrad. Heute läuft der Vorführbetrieb, zusammen mit Kugelkocher und Holländer, über einen Elektromotor aus dem Jahr 1941.

Transportband für Kollerstoff

Das Transportband beförderte grobgemahlenes Altpapier, den sogenannten Kollerstoff, zur Weiterverarbeitung in den Papierholländer. Es wurde um 1920 im Zuge einer Rationalisierung der Pappenproduktion in der Papiermühle Niederzwönitz in Eigenbau hergestellt, nachdem bereits 1904 ein Kollergang und in den Folgejahren ein neuer Holländer installiert worden waren.

Ganzzeugholländer oder holländisches Geschirr

Der Papierholländer, auch holländisches Geschirr oder schlicht Holländer, wurde 1670 erfunden und fand zuerst in den heutigen Niederlanden Verbeitung. Er ersetzte in der Folgezeit nach und nach die bis dahin in der Papierproduktion verwendeten Stampfwerke. Im Prozess der Pappenproduktion diente er zur Verdünnung und zum Feinmahlen des Kollerstoffes, eines grobgemahlenen Faserbreis. Durch diesen letzten Mahlgang entstand ein feiner dünnflüssiger Brei. In der Papiermühle Niederzwönitz wurde dieser Grundstoff anschließend in ein gemauerte Bütte geleitet, von der aus die Beschickung der Pappenmaschine erfolgte. Der Holländer wurde zwischen 1904 und 1920 installiert und ersetze fortan zwei hölzerne Holländer. Der Einbau der Maschine erfolgte im Kontext eines größeren Rationalisierungsprozesses, im Zuge dessen auch ein Förderband installiert wurde, das den Kollerstoff vom Kollergang direkt in den Holländer beförderte. Angetrieben wurde die Maschine über ein oberschlächtiges Wasserrad. Der Vorführbetrieb erfolgt heute zusammen mit Kollergang und Kugelkocher über einen Elektromotor aus dem Jahr 1941.

Schöpfbütte mit Schöpfrad

Die gemauerte Schöpfbütte diente den Pappenperherstellern zur Aufnahme des im Holländer feingemahlenen Faserbreis (Stoff). Ein mit Wasserkraft betriebenes und auf einer stählernen Welle gelagertes hölzernes Schöpfrad mit gusseisernen Schöpfern beförderte den Stoff in die nebenstehende Pappenmaschine. Die Einrichtung der Anlage erfolgte wahrscheinlich zu Beginn der Niederzwönitzer Pappenproduktion um 1850 durch die Papiermüller selbst. Der Hersteller der beweglichen Teile ist nicht mehr zu ermitteln.

Nasspresse für Pappen

Die funktionstüchtige Nasspresse wird, wie auch die Pappenmaschine der Papiermühle Niederzwönitz, durch Wasserkraft betrieben. Sie diente bis 1973 zum Auspressen der noch feuchten, auf der Handpappenmaschine produzierten Pappen. Hierzu wurden, je nach Pappenstärke, mehrere Pakete von je 16 bis 17 Pappen, getrennt durch Lagen aus Filz, übereinandergeschichtet und dann in einem Durchgang ausgepresst. Hergestellt wurde die Presse 1904 in der F. H. Riedel Maschinenfabrik Raschau. 1956 erfolgte eine Erneuerung des Pressenkopfes durch die Firma Jähn aus Lößnitz. Um den damals bereits zuerkannten Denkmalwert der Maschine zu erhalten, wurde der Pressenkopf nach historischem Muster hergestellt.

Pappenmaschine zur Produktion von Grau- und Hartpappen

Nach Informationen aus der Chronik der Papiermühle Niederzwönitz wurde 1847 mit der Produktion von Pappen begonnen. Ob diese Angabe tatsächlich den Beginn der Produktion oder den Beginn des Umbaus zu einer Pappenfabrik meint, ist nicht abschließend zu klären. Die Wickelpappenmaschine lässt sich anhand der Aufschrift "F. W. Strobel" einer 1850 gegründeten Firma zuordnen, die aus einer 1848 gegründeten Schlosserei für Kleinmaschinen hervorging. Somit kann die Maschine frühestens 1848 produziert worden sein. Die über Wasserkraft angetriebene Handpappenmaschine war bis 1973 in Betrieb. Um die Produktion an Nachfrageentwicklungen anzupassen und den Betrieb zu optimieren, waren mehrere Umbauten nötig. 1890 wurde die Maschine verbreitert. Um 1904 erfolgte der Umbau des hinteren Maschinenteils. Es wurde ein Schüttelsieb installiert, das als Knotenfang diente und eine gleichmäßigere Verteilung des Faserbreis ermöglichte und damit die Produktion gleichmäßig dicker Pappen gewährleistete. 1974 erfolgte eine umfassende Reinigung und Restaurierung. 2020 wurde für die geplante museale Nutzung ein neuer Endlosfilz der Firma Heimbach-Specialities aus Belgien aufgezogen, der den neuerlichen Vorführbetrieb ermöglicht. Ursprünglich war bei kontinuierlichem Betrieb ein monatlicher Wechsel des Filzes nötig. Zur Maschine gehören ein Ersatz-Rundsiebzylinder, zwei weitere Formatwalzen und drei Ersatz-Spannwalzen.

Kugelkocher zum Aufweichen des Altpapiers

Der Kugelkocher wurde 1838 als Hadernkocher (Englisch Rag Boiler) von dem Papierfabrikanten Louis Piette erfunden und diente dem Kochen von Lumpen für die Papierproduktion sowie später dem Vorweichen des im Zuge der Pappenproduktion benötigten Altpapiers. Die Zwönitzer Maschine wurde 1926 gebraucht erworben, wofür extra eine Wand des Geschirrsaales aufgebrochen werden musste. Fortan verkürzte er die für die Befüllung des Kollerganges benötigte Zeit erheblich. Die Kugel wurde durch eine Luke im Boden des darüberliegenden Altpapierlagers befüllt und anschließend mit einem ca. 100 Kg schweren Deckel verschlossen. Am Ende des Arbeitsganges stand die Entleerung des Behälters und die Überführung des aufgeweichten Rohstoffes in den Kollergang. In der Regel konnten Kugelkocher dieser Machart durch Dampf beheizt werden, was den Arbeitsgang verkürzte. Die Niederzwönitzer Maschine wurde jedoch gebraucht angeschafft und lief aufgrund eines Defekts ohne Wärmezufuhr. Laut Typenschild wurde der Kocher bereits 1913 in der Maschinenfabrik Ernst Zorn in Regensburg hergestellt. Für die Zeit zwischen der Herstellung des Kochers und seiner Aufstellung in Niederzwönitz fehlen weiterführende Angaben. Ursprünglich mit Wasserkraft betrieben, erfolgt der Vorführbetrieb über einen Elektromotor aus dem Jahre 1941.

Glättwerk, Pappenglätte

Nach Aufnahme von Geschäftsbeziehungen zur Zwönitzer Schuhfabrik A. Louis Trommler um 1934 wurde in der Zwönitzer Papiermühle mit der Herstellung von Hartpappen für die lokale Schuhindustrie begonnen. Da die Schuhfabrikanten geglättete, gewalzte Pappen benötigten, waren die Betreiber der Niederzwönitzer Papiermühle gezwungen, ihre Pappen vor der Auslieferung im Zwönitzer Preßspanwerk Fa. Koch walzen zu lassen. Da der Arbeitsdruck der dortigen Pressen nicht genügte, um die von Trommler geforderte Qualität liefern zu können, wurde im Jahr 1938 ein größeres Walzwerk mit 12.000 kg Walzendruck von der Firma EMAG - Eisengießerei und Maschinenfabrik Bautzen bezogen. Um die annähernd 7 Tonnen schwere Maschine in der Walzenkammer im 1. Obergeschoss der Papiermühle unterbringen zu können, waren weitreichende bauliche Eingriffe nötig. So musste die Decke durch einen massiven Doppel-T-Träger verstärkt werden. Im Zuge dieser Arbeiten mussten die Außenwände von Geschirrsaal und Walzenkammer aufgebrochen werden. Betrieben wird das Walzwerk durch einen Elektromotor. Die Maßnahmen erforderten aufgrund der schlechten Bilanzen vorangegangener Jahre die Aufnahme größerer Darlehen. Das Geld wurde von privaten Gläubigern bezogen, da die örtlichen Sparkassen den Betrieb als nicht kreditwürdig einschätzten. Die Lieferverträge, die mit Trommler geschlossen wurden, verbesserten in der Folge allerdings die wirtschaftliche Situation des Betriebes.

Maschine zum Zuschnitt von Pappen, Planschneider "AS"

Die Schneidemaschine wurde 1934 angeschafft und ist vermutlich ebenso wie die Neuanschaffung eines Walzwerkes im Jahr 1938 vor dem Hintergrund der Aufnahme geschäftlicher Beziehungen zum Schuhproduzenden A. Louis Trommler in Zwönitz zu sehen. Vor 1934 wurden die Pappen einzeln auf einer Tafelschere vierseitig beschnitten. Die hohen Anforderungen der neuen Geschäftspartner an Menge und Qualität machten Investitionen und eine weitere Rationalisierung des Produktionsablaufes nötig.

Trockenkanal zum Trocknen von Pappen

Um die auf der Pappenmaschine hergestellten und mithilfe der Nasspresse grobentwässerten Pappen wetterunabhängig auch bei extremen Minusgraden trocknen zu können, wurde in der Papiermühle Niederzwönitz zunächst ein hölzerner Trockenkanal installiert, der jedoch den technischen Anfordrung einer zunehmend rationalisierten Pappenproduktion in der Feinpappenfabrik Reinhard Wintermann bald nicht mehr genügte. Als der Ingenieur Emil Vogel in den Jahren 1927/28 mit der Konstruktion eines modernen Trockenkanals im Preßspanwerk F. Koch in Zwönitz beauftragt wurde, ergriffen die Niederzwönitzer Papiermüller die Gelegenheit und ließen sich ebenfalls einen solchen konstruieren, den sie unter Anleitung selbst installierten. Zur Durchlüftung und Entfeuchtung der als Stahl-/Gipskonstruktion ausgeführten Anlage dienten sechs über Transmissionen angetriebene Ventilatoren. 14 Heizregister, zu deren Versorgung ein separater Heizkessel installiert werden musste, erhitzten die Luft innerhalb des Kanales auf ca. 70 C°. Die Trocknungszeit der Pappen betrug ca. 24 Stunden. Für die Gesamtkosten in Höhe von 10.380 Reichsmark mussten erhebliche Mengen an Fremdkapital eingeworben werden. Der Verlust der Zulassung für Kessel und Schornstein und die damit verbundene Stillegung des Trockenkanals waren letztlich einer der Gründe für die Einstellung des Betriebes in der Papiermühle Niederzwönitz in den Jahren 1972/1973. Eine 2023 erfolgte Restaurierung soll künftig auch hier einen Vorführbetrieb ermöglichen.

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